Frauen stapeln tief bei der Jobsuche – warum?

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Egal, ob es um Ausbildungsberufe, akademische Tätigkeiten oder um die Führungsebene geht: Frauen stapeln meist tief bei der Jobsuche. Obwohl sie die nötigen Qualifikationen – und vor allem die Gleichen, wie die männlichen Bewerber – haben, bewerben sich Frauen eher auf Stellen, die unterhalb ihres tatsächlichen fachlichen Niveaus liegen. Das belegen mehrere Studien und die sind alle aktuell. Woran liegt das? Was bringt Frauen dazu, nicht auch mal höher zu pokern? Und wie kann man das ändern? 7 Tipps zur Reflektion - auch für Männer.

Die Bewerberin-Seite

Schauen wir als erstes auf die vermeintlich „Schuldigen“ bei diesem Problem: die Frauen selbst. Sie sehen eine ausgeschriebene Stelle, lesen die gewollten Qualifikationen und kommen manchmal zu dem Entschluss: Ich passe nicht. Ich kann das nicht. Und weil ich nicht hundertprozentig passe, bewerbe ich mich nicht. 


Zu diesem Zeitpunkt sind bereits drei Denkfehler gemacht worden. 


➔ Machst du beim Bewerben auch diese Denkfehler?

  • Erstens: Du meinst zu wissen, welches Profil genau gesucht wird. 
  • Zweitens: Du denkst, du verfügst über keinen eigenen Mehrwert.
  • Drittens: Du schätzt, wenn du nur 2 von 10 Qualifikationen nicht mitbringst, kommst du nicht für die Stelle in Frage. 

💡Tipp: Stempel eine Stelle nicht zu früh ab: Um mehr über das gesuchte Kandidatenprofil herauszufinden, könntest du zum Beispiel beim Unternehmen anrufen und nachfragen. Oft spielen deutlich mehr Faktoren eine Rolle, als im Stellenprofil steht. 💡


📰 Meine Stärken? Keine Ahnung! Wie du anhand alltäglicher Probleme deine Stärken identifizierst, erfährst du in diesem Tipp.

To Dos für Bewerberinnen

Ja, es liegt an den Frauen selbst, dass sie tiefstapeln. Sie stellen ihr Licht unter den Scheffel, sie sind nicht mutig genug, sie trauen es sich nicht zu, obwohl sie ganz objektiv auf die Stelle passen. Man kann diese Stärken gemeinsam mit jemand anderem herausarbeiten, aber es gibt nur eine Person, die deinem Erfolg letztendlich im Weg steht: Du selbst!


💡Frage dich selbst:

  • Hältst du dich manchmal für weniger geeignet als andere?
  • Ist es die Stimme in deinem Kopf, die dir das sagt oder jemand anderes?
  • Was genau tust du, wenn du diese Stimme hörst?💡


Exkurs: Stapeln auch Männer tief?

Hat denn dieses sich selbst unterschätzen etwas mit Frau-Sein zu tun? Sind alle Frauen so? Ist kein Mann unsicher bezüglich seiner eigenen Qualitäten, vermeintlich falsch in seiner Selbsteinschätzung? Es scheinen viel mehr Eigenschaften von bestimmten Personen zu sein, die dazu führen, sich eher unter dem eigenen Niveau zu bewerben. Personen, die bescheiden sind, die unsicher sind und denen eine hohe Passung wichtig ist. Personen, die viel Wert auf die Außenwahrnehmung legen und zu Perfektionismus neigen.


💡Aha: Unsicherheit ist eine Persönlichkeitseigenschaft, die sowohl ein Mann als auch eine Frau haben kann. Sie kommen nur prozentual häufiger bei Frauen vor.💡


Die Unternehmens-Seite

Wenn wir genauer hinschauen, merken wir, dass dieses Problem nicht nur das der Frauen ist. Wenn sich Frauen nicht auf Stellen bewerben, können in dieser Position keine Frauen arbeiten. Damit hat nicht nur die Frau nicht den passenden Job, sondern den Unternehmen entgehen die passenden Mitarbeiter. Und dann sind wir ganz schnell beim berühmt berüchtigten Experten- und Fachkräftemangel. Jeder zweite Beruf ist heute von einem Engpass betroffen, resümiert auch Joel Hunold in einem Beitrag der FAZ. 


Aber die Problematik zeigt sich auch für Führungspositionen: Wenn weniger Frauen in der Führungsetage sitzen, dann, weil sich weniger Frauen beworben haben. Ein Henne-Ei-Problem? Was kann ein Unternehmen tun, damit sich Frau überhaupt bewirbt? Es gibt die Meinung, dass es bei der Stellenausschreibung anfängt.

➔ Oft macht die Stellenanzeige den ersten Eindruck der Stelle, aber auch des gesamten Unternehmens aus. Diese Darstellung sollte mit Bedacht gewählt werden und Männer und Frauen gleichermaßen ansprechen.


Laut dem Kofa (Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung) sind Worte wie „Verhandlungsgeschick“ und „Durchsetzungsvermögen“ deutlich häufiger maskulin konnotiert, als Anforderungen wie „Wortgewandtheit“ oder „verständnisvoller Umgang“. 


💡Tipp: Formuliere die geforderten Skills einer Stellenausschreibung mit deinen eigenen Worten - passen sie dann eher zu dir?💡


📰 Mehr Tipps zum Stellenanzeigen lesen und verstehen bekommst du in diesem Tipp.

To Dos für Unternehmen

Tja, liebe PersonalerInnen, liebe RecruiterInnen, liebe HR-Agents: Wenn ihr die gut qualifizierten Frauen haben wollt, müsst ihr sie auch gezielter ansprechen! Das fängt bei der Stellenanzeige an. Ihr sucht nicht nur die offensiven Ellenbogen-Menschen, die sich gegen andere durchsetzen können, sondern auch die empathiefähigen und verantwortungsbewussten? Dann schreibt das genau so in eure Stellenausschreibung. Ihr habt bereits mehrere Frauen in Führungspositionen und lebt eine moderne Art der Gleichberechtigung? Dann zeigt euch auch genau so.


💡Tipp: Finde etwas über die Zusammensetzung des Teams heraus, in dem du auf der Unternehmens-Homepage schaust. Vielleicht findest du Frauen auf Führungspostionen.💡


🎧 Du hast wichtige Fragen an das Unternehmen? Wie du sie stellst und welche Fragen du unbedingt fragen solltest, erfährst du in dieser Podcastfolge.



Die Gesellschafts-Seite

Wenn wir das Thema noch etwas differenzierter betrachten, haben sogar auch solche Personen einen Anteil, die sich weder bewerben noch jemanden einstellen wollen. Denn welchen Beruf wir uns aussuchen, wird häufig durch Vorbilder beeinflusst. Die Prägung dieser Vorbilder liegt teilweise recht weit in unserer Vergangenheit und ist heute nicht mehr up-to-date. Wie lange ist es beispielsweise her, dass deine Eltern sich ihren Beruf ausgesucht haben? Es geht hierbei um einen biografisch verankerten Zusammenhang von dem, wie wir einen bestimmten Beruf einordnen. 


➔ Unsere Berufwahl wird maßgeblich duch unsere Biografie geprägt.


Beispielsweise galt es lange so: In der Metallbranche ist eine gewisse körperliche Stärke Grundvoraussetzung. Dabei vergessen wir, dass sich Berufsbilder auch ändern können. Wieder am Beispiel: Dank der Automatisierung muss nicht jeder Maschinenbauer ein Kraftprotz sein. 


➔ Viele Berufsbilder haben sich geändert und setzen heute andere Skills voraus.


💡Tipp: Gibt es etwas, was dich bei deiner Berufswahl einschränkt? Überprüfe, ob es sich dabei um veraltete Rollen- oder Berufsbilder handelt, welche dich unnötig bremsen. 💡


🎧 Ideen, wie du deinen Traumjob finden kannst, bekommst du in dieser Podcastfolge.


To Dos für alle

Auch wenn diese Entwicklung nicht mehr neu ist, fehlt es uns an Vorbildern, die mit den alten Rollenbildern aufräumen und zeigen, was heute alles möglich ist. In unserer Gesellschaft muss Berufswahl heute also neu gedacht werden. Hier sind Schulen und Akteure der Berufsorientierung gefragt, nicht nur die alten, sondern den Heranwachsenden – unseren Fachkräften von morgen – auch die neuen Berufsbilder zu zeigen.


➔ Moderne Vorbilder helfen uns Klischees zu widersprechen und Inspiration zu finden.


Das Problem setzt also auf mehreren Ebenen an. Ist es damit unlösbar? Nun, die Chance auf die Lösung ist vielmehr aus mehreren Perspektiven möglich, es kann also jede/jeder einzelne etwas tun: Die Bewerbenden, die Recruitierenden und die Ratgebenden. 


➔ Erster Schritt für alle ist sicher eine höhere Sensibilität für die Thematik.


Und was kannst du tun? Du als Frau auf Jobsuche kannst Zeit in eine Analyse deiner Stärken investieren – mit Coach oder ohne. Vielleicht bist du dir deiner Fähigkeiten gar nicht bewusst und unterschätzt dich und dein Können zu Unrecht. 

💡Tipp: Stell dein Licht nicht unter den Scheffel. Deine falsche Bescheidenheit beim Bewerben führt im Endeffekt dazu, dass du das Nachsehen hast. 💡


🎧 Mehr über deine Stärken kannst du zum Beispiel mit dem CliftonStrengths Assessment herausfinden. Ein Erfahrungsbericht und wie du diesen Test nutzen kannst, gibt es in dieser Podcastfolge.


Am wichtigsten ist doch, am Ende des Tages einen Job zu machen, in dem du entsprechend deiner Kompetenzen und Interessen gut aufgehoben bist – Männer wie Frauen – oder?


Du neigst zum Tiefstapeln und möchtest das ändern? Buch dir heute noch ein kostenfreies Erstegspräch und finde heraus, wie dir ein Coaching helfen kann.

Ich freue mich auf dich!

Deine Sarah

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